Weißdornblüte und Störche ein Bericht von Dr. Aderholz
Bericht von der Flugreise nach Ostpreußen in die Elchniederung und Samland vom 19. – 27. Mai 2014
Organisation: „Partner-Reisen“ Reiseleitung: Dieter Wenskat
1. Tag 19. Mai 2014 - ein Montag.
07.00 Uhr Unsere Anreise von Magdeburg mit der Straßenbahn zum Hauptbahnhof.
08.08 Uhr Regionalzug Re1 nach Berlin-Charlottenburg (Ankunft 9.40 Uhr)
10.30 Uhr mit dem Bus 109 zum Flughafen Tegel (TXL) 20 Minuten
13.05 Uhr Abflug mit „Air Berlin“ nach Königsberg Propellermaschine (80)
15.15 Uhr Ankunft Kaliningrad: Ortszeit, Zeit-Differenz: 1 Stunde
Die Reise begann mit einem Treffen der Reisegruppe (42) in der Eingangshalle des Königsberger Flughafens mit unserem Reiseleiter Herrn Wenskat.
Fahrt mit einem modernen Neoplan-Bus nach Tilsit. Dolmetscherin: Larissa Fahrer: Sascha (Alexander)
Die Fahrt ging zunächst über eine neue Autobahn. Mit zunehmenden Abstand zu Königsberg (~10 km) wurde die sichtbare Bebauung einfacher und die Qualität der Straße sank merklich. Die angrenzenden riesigen Wiesen erstrahlten in prächtigem Blütenweiß vieler verstreuter Weißdornsträucher. Diese Wiesen werden nicht bewirtschaftet, sie „verbuschen“, die Natur kehrt zurück.
19.30 Uhr Ankunft in Tilsit im Hotel Rossia am Hohen Tor. Der Elch steht heute in einer kleinen Anlage gegenüber dem Hotel am Eingang zur Hohen Straße.
Das Hotel war von gehobenem Standard und offerierte gute Hausmannskost, die schmackhaft zubereitet war. Die Rückseite des Gebäudes war erbärmlich. Der Zugang zum Hotel ist behindertengerecht. Ein Personenaufzug ist vorhanden.
Regierungsbezirke 1922
Rundfahrt gen Südosten:
2. Tag 20. Mai 2014 Temperatur ~200C, bedeckt, mittags leichter Regen
9.00 Uhr Abfahrt des Busses. Kurzandacht: „Glaube, Liebe, Hoffnung“
Insterburg, Georgenburg, Trakehnen, Gumbinnen, Breitenstein, Ragnit
Fahrt zum Gestüt Georgenburg über Insterburg. Angemeldete Führung durch das Gestüt samt Besichtigung der Stallungen. Weiterfahrt nach Trakehnen. Keine Besichtigung im Museum möglich, da nicht angemeldet. Wir wurden von einem Regenschauer überrascht. Mittagessen in einem kleinen Restaurant in Trakehnen. Danach gab es Probleme mit dem Anlasser des Busses. Die Reisegruppe nahm dies gelassen hin und ließ unseren Fahrer Sascha werkeln. Er hat die Reparatur durchgeführt (~ 45 Minuten). Dann ging die Fahrt weiter wie geplant zunächst nach Gumbinnen. Es gab eine kurze Fahrt durch die Stadt. Weiter ging es nach Breitenstein. Die Storchennester auf der Kirchenruine wurden intensiv fotografiert. Überall sahen wir bewohnte Storchennester. Selbst auf Strommasten wurde oft genistet. Das Argument, dass diese „E-Störche“ für das An- und Abschalten der Straßenbeleuchtung zuständig seien, wurde nicht akzeptiert…
Der Schuldirektor und Museumsleiter, Jurij Userzow, hat 1981 ein privates Ostpreußen-Museum gegründet. Dazu gehört auch ein Archiv der alten Ortschaften. Es ist bereits sehr weit gediehen und zeugt vom zunehmenden Interesse an der Geschichte des Landes vor 1945.
In Ragnit sahen wir die Ruinen der zweitgrößten Burg des Deutschen Ordens. Der Verfall ist enorm und unaufhaltsam. Unterwegs sahen wir hin und wieder eine einzelne Kuh oder ein einzelnes Pferd (angepflockt) auf riesigen Wiesengrundstücken. Zu Zeiten der Kolchose durfte man nur eine einzige Kuh privat besitzen – und so scheint es geblieben zu sein. Insgesamt haben wir nur ~5 – 10 Kuhherden (~30 Tiere) gesehen. Abgesehen von diesen Kuhherden hatten wir den Eindruck, dass es mehr Störche als Kühe gibt.
Bei der Rückfahrt haben wir kurz vor Tilsit die fortgeschrittenen Arbeiten am Bau einer neuen Brücke über die Memel sehen können.
Elchniederung:
3. Tag 21.Mai 2014 Temperatur ~240C, sonnig
9.00 Uhr Abfahrt des Busses. Kurzandacht: „Glaube, Liebe, Hoffnung“
Elchniederung südlich der Gilge
Zunächst geht es nach Heinrichswalde. Die dortige Kirche befindet sich in einer Phase der Rekonstruktion. Es können darin auch Gottesdienste abgehalten werden. Spontan wurde das alte Kirchenlied „Lobe den Herren“ angestimmt. Das Gemeindehaus der ~60 köpfigen evangelischen Gemeinde wurde ebenfalls besucht. Dann ging die Fahrt weiter nach Kreuzingen und vorbei an Groß Friedrichsdorf in das Große Moosbruch . Während der Fahrt wurden alte Lieder gesungen, wobei „Ännchen von Tharau“ nicht fehlte. Ziel war die Moorstation bei Hohenbruch / Lauknen, die von Jürgen Leiste aufgebaut und geleitet wird. Nach einem Vortrag versorgte er eine Gruppe mit Gummistiefeln und führte sie auf einem Lehrpfad durch das angrenzende Moor zu einem Aussichtsturm. Während dessen wurde in der Station ein Mittagessen vorbereitet (die Reisegruppe war angemeldet).
Anschließend wurden in Gerhardsweide im Kindergarten (ein muss für Dieter Wenskat) mitgebrachte Geschenke für die Kinder übergeben. Das Straßendorf hatte noch für einige Mitreisende besondere Bedeutung und wurde eingehender betrachtet.
Wieder waren wir von der Vielzahl der Störche sehr beeindruckt. Der Straßenzustand ließ wie fast im gesamten Gebiet der Elchniederung sehr zu wünschen übrig. An Reparaturen wurde gearbeitet.
Elchniederung:
4. Tag 22. Mai 2014 Temperatur ~260C, sonnig
9.00 Uhr Abfahrt des Busses. Kurzandacht: „Glaube, Liebe, Hoffnung“
Elchniederung nördlich der Gilge
Die erste Station war Neukirch. Der dortige Halt galt dem Geburtshaus von Sabine Aderholz, geb. Bersick. Von der Dorfkirche sind nach der sowjetischen Abwirtschaftung und einem Brand 1995 nur noch Teile der Außenmauern und des Turmes übrig geblieben. Das deutsche Kriegerdenkmal (ohne Namens-platten) ist frisch gestrichen.
In Kuckerneese hielten wir im Ortszentrum und sahen die auch hier verfallende Kirche. Wir fuhren weiter über Jägerhöh und Herdenau nach Karkeln. Dort konnte man einen Blick auf das Kurische Haff werfen, wobei der Schilfgürtel störend war. Der kleine Kaufladen im Ort zeugt von einer umfassend guten Versorgung – sofern man das nötige Geld verdient. Weiter ging es zum Jagdschloss Pait, der so genannten „Göring-Datscha“. Sie ist teilweise saniert und könnte als Tagungsort dienen. Das Problem dabei ist die verkehrstechnische Erreichbarkeit. Um nach Rauterskirch zu kommen fuhren wir zurück über Kuckerneese – die Gilgebrücke – Neukirch nach Seckenburg mit Stopp und Fußmarsch zum Gilgedeich. Es bot sich ein schönes Panorama der Fluss-landschaft. Es wurden Häuser im Abbruchstadium gesehen. Sie dienen als Steinbruch, die Ziegel werden abgeklopft und weiter verwendet.
In Rauterskirch besuchten wir die achteckige Ruine der Kirche, die mit acht Storchennestern besetzt war. Es gibt eine russisch- und deutsch-sprachige Gedenktafel. Die Rückfahrt führte erneut über Neukirch nach Tilsit.
Transfer nach Cranz über Labiau:
5. Tag 23. Mai 2014 Temperatur ~280C, sonnig
Hotel „Baltische Krone“
8.00 Uhr Abfahrt des Busses. Kurzandacht: „Glaube, Liebe, Hoffnung“
Erster Halt war das neue ( ~3 Jahre alte) orthodoxe Frauenkloster in Argendorf. Die prächtige Anlage konnte besichtigt werden sowie eine Straußen-Farm in unmittelbarer Nähe des Klosters.
Weiter ging die Fahrt über Kreuzingen nach Labiau. An der Adlerbrücke über die Deime stiegen wir aus und gedachten der Zeit, als diese Brücke ein Nadelöhr für die Flüchtlingstrecks war. Die Ortsbesichtigung war individuell z.B. zur orthodoxen Kirche.
Anschließend ging die Fahrt über die Autobahn nördlich an Königsberg vorbei nach Cranz zum Hotel „Baltische Krone“ Wegen Straßenbauarbeiten musste das Gepäck ~200 m per Hand selbst zum Hotel gebracht werden. Das Hotel war von gut bürgerlichem Zuschnitt mit solider, schmackhafter Hausmannskost. Ein Fahrstuhl war vorhanden. Die lange Strandpromenade ist sehr schön angelegt. Es sind sogar ein paar Windräder zu sehen, ansonsten in Richtung NO beginnt der herrliche Sandstrand der Kurischen Nehrung.
Im Rahmen der Patenschaft mit Pinneberg sangen am Abend im Hotel Vorschulkinder für uns deutsche und englische Lieder. Ein Gitarrenduo beendete die gelungene Darbietung. Es wurde für die Musikausbildung gesammelt und kleine Geschenke wurden an die Kinder verteilt.
Karte des Samlands
Fahrt durch das Samland:
6. Tag 24. Mai 2014 Temperatur ~330C, sonnig
9.00 Uhr Abfahrt des Busses Kurzandacht: „Glaube, Liebe, Hoffnung“
Erste Station war Palmnicken. In der Ortsmitte sah man sanierte alte Herrensitze, die heute von Firmen (z.B. Bernsteinwerk) benutzt werden. Der Tagebau zur Gewinnung von Bernstein wurde - verbunden mit einer Führung -besichtigt. Anschließend ging es weiter nach Pillau, wo wir den Hafen besichtigten, der eine so dramatische Rolle bei der Flucht gespielt hat.
Auf dem Rückweg hielt der Bus in Heiligenkreuz (in der Nähe von Palmnicken). Ein Mitreisender stieg aus, um nach einem alten Gebäude zu suchen – es war nicht mehr auffindbar. Als er zurück kam erzählte er mit Tränen in den Augen, dass seine Familie hier 1945 von der russischen Front überrollt worden ist. Im Bus war es still – ganz still…
Da noch etwas Zeit verfügbar war, wurde in Rauschen ein weiterer Stopp eingelegt. Auf der Hauptstraße war ein buntes Treiben mit Verkaufsbuden – es war ein Samstagnachmittag – Rauschen ist wieder ein Kurort – aber ohne ausländische Touristen (außer uns).
Fahrt nach Königsberg:
7. Tag 25. Mai 2014 Temperatur ~300C, sonnig
9.00 Uhr Abfahrt des Busses Kurzandacht: „Glaube, Liebe, Hoffnung“
Erster Halt war auf dem Hansa-Platz. Dort konnte man hineinhören in einen Sonntagsgottesdienst der großen orthodoxen Kathedrale. Danach ging es zum Dom mit den Denkmälern von Kant und Herzog Albrecht, dem Gründer der Königsberger Universität. Im Dom fand ein Orgelkonzert statt. Anschließend gab es eine Rundfahrt auf dem Pregel mit einem Schiff. Das Kant-Denkmal vor der Universität wurde besichtigt, der Befehlsbunker von General Otto Lasch ist heute ein Museum. Aus Zeitmangel konnten wir es nicht besichtigen. Zurück fuhren wir vorbei am Sackheimer Tor und dem Königstor. Beide Tore sind gut restauriert. Parallel zum Litauer Damm fuhren wir aus der Stadt heraus zurück nach Cranz. Ein Wetterumschlag deutete sich durch Nebel an.
Fahrt über die Kurische Nehrung:
8. Tag 26. Mai 2014 Temperatur ~280C, sonnig
9.00 Uhr Abfahrt des Busses Kurzandacht: „Glaube, Liebe, Hoffnung“
Erster Halt war an der Vogelwarte von Rossiten. Wir bekamen eine Führung samt Vorführung einer Beringung. Der zweite Halt galt dem „tanzenden Wald“, einer großen Baumgruppe mit skuril gewachsenen Stämmen. Im Wald gab es ein paar nicht sehr aggressive Mücken.
Der dritte Halt galt der Epha-Düne ( 63 m hoch, Fußweg vom Parkplatz). Von dort gab es einen herrlichen Ausblick über die Dünenlandschaft, das Kurische Haff bis hinüber zur Elchniederung auf der anderen Haff-Seite. Es wäre ein phantastisches Segelrevier. Auf der Seeseite blieben wir ~2 Stunden am Strand.
Auf der Rückfahrt hielt der Bus in Sarkau, um den Badestrand zu inspizieren.
Abschied und Rückfahrt:
9. Tag 27. Mai 2014 Temperatur ~200C, bedeckter Himmel, starker Nordwind
10.00 Uhr Treffen von Vertretern der Patengemeinde Pinneberg mit Vertretern der örtlichen Administration.
13.00 Uhr Abfahrt des Busses zum Flughafen Königsberg.
15.55 Uhr Rückflug mit „Air Berlin“ (Flugdauer: 70 Minuten)
16.25 Uhr Ankunft in Berlin, leichter Regen bei ~180C
17.10 Uhr Fahrt mit dem Bus 109 (wegen Verkehrsstau verspätet) bis zur Haltestelle Kantstr. (Bahnhof Charlottenburg)
18.20 Uhr Fahrt mit Re1 nach Magdeburg, Ankunft Hbf: 19.50 Uhr.
20.04 Uhr Heimfahrt mit der Straßenbahn.
20.52 Uhr Rückkehr im Magdeburger Gartenhaus.
Schlussbemerkung:
Es war eine Heimatfahrt eigenen Charakters. Die Zusammensetzung der Reisegruppe wurde dominiert durch (ältere) Paare, bei denen mindestens ein Partner aus Ostpreußen stammt oder zumindest ein Elternteil des Mitreisenden. Dies führte zu einer zwar angenehm gelassenen, aber angesichts der (teilweise erlebten) Geschichte ernsten Grundstimmung. Bei allen Fahrten wurde von der Reiseleitung auf Wünsche nach kleinen Abstechern oder kurzes Anhalten an Plätzen, die einem Mitreisenden von Bedeutung waren, positiv reagiert - und alle hatten dafür volles Verständnis.
Es gab keine Mücken – bis auf ein paar im Wald auf der Kurischen Nehrung bei der Wanderung z.B. zum Aussichtspunkt auf der Epha-Düne oder dem „tanzenden Wald“. Die schönen Sonnenuntergänge in Cranz bei insgesamt herrlichem Wetter waren ein Erlebnis besonderer Art.
Alle Straßen waren sehr sauber und wir haben keine Betrunkenen gesehen.
Die Elchniederung ist das „Armenhaus“ des nördlichen Ostpreußens. Aber eine Heimat bleibt eine solche – auch wenn sie versunken und arm ist. Sie ist wie eine Mutter.
Im Gegensatz dazu befindet sich Königsberg und das Samland in einer aufstrebenden ökonomischen Form.
In der nachwachsenden Generation setzt sich nun der Gedanke durch, dass es vor 1945 – dem „Urknall“ namens Sieg – eine Geschichte dieser Region gegeben hat. Die Zeugnisse dieser Zeit wurden nach dem Krieg weitgehend und systematisch vernichtet. Es kommen aber in den Museen laufend neue Exponate (Schenkungen) hinzu. Diese Entwicklung sehen wir insgesamt sehr positiv.
Ich glaube, dass die Liebe zu Ostpreußen uns die Hoffnung gibt, wieder nach Ostpreußen zu fahren.
Diese Reise war wie nachfolgend beschrieben geplant und wurde im Wesentlichen auch so durchgeführt. Wesentlich heißt in diesem Fall, dass wir mehr gesehen haben als gewöhnlich. Der Grund ist einfach: Es gab nicht genügend Teilnehmer für einen großen Bus, aber gerade so viel, dass es für einen kleinen Bus reichte. Mit diesem Bus waren wir dann flexibler in zweierlei Hinsicht: Man konnte Straßen befahren, die ein Reisebus nicht mehr befahren konnte und man konnte die Ziele etwas moderieren. Jedenfalls hat unser Reiseleiter, Herr Dieter Wenskat, anfangs fast geweint, dann aber alles positiv gesehen. Sogar so positiv, dass er für 2016 eine ähnliche Reise gleich für einen Kleinbus planen möchte.
Der Plan
Reisen in die Heimat 2015
Sonderreise für die Kreisgemeinschaft Elchniederung
9-tägige Flugreise nach Ostpreußen – Elchniederung und Samland
01.06.-09.06.2015
Reiseleitung: Dieter Wenskat
Programmablauf:
- Flug von Berlin nach Königsberg (Kaliningrad) und zurück, andere Abflughafen (z.B. Stuttgart, München, Düsseldorf, Köln, Frankfurt) mit Umstieg in Berlin möglich
- 4 Übern. / Halbpension in Tilsit, Hotel „Rossija“
- Rundfahrt Insterburg, Gestüt Georgenburg, Gumbinne R agnit
- Naturparadies Ostpreußen: Ausfl ug in das Große Moosbruch mit Besuch „Moosbruchhaus“
- Rundfahrt südliche Elchniederung mit Heinrichswalde, Groß Friedrichsdorf, Gerhardsweide
- Rundfahrt durch die Elchniederung nördlich der Gilge mit Kuckerneese, Herdenau, Karkeln, Inse, Jagdschloß Pait
- Besuch von Kreuzingen und Labiau
- 4 Übern. / Halbpension in Cranz, Hotel „Baltische Krone“
- Ausflug durch das Samland mit Besichtigung Bernsteintagebau in Palmnicken und Besuch von Pillau mit Kriegsgräbergedenkstätte
- Stadtführung in Königsberg mit Bootsfahrt auf dem Pregel und Orgelkonzert im Königsberger Dom
- Ausflug Kurische Nehrung mit Besuch der Vogelwarte Rossitten
Das Ergebnis
Nachfolgend werden einzelne Beschreibungen mit Karten, Fotos und Berichten dargestellt. Das erfolgt sukzessive. Und solange das Baustellenschild steht ist der Bericht nicht beendet!
In Ostpreußen – 70 Jahre danach von Karl Feldmeyer
Ostpreußen ist ein Land der Sehnsucht – nicht nur für Ostpreußen, sondern für viele Deutsche anderer Herkunft bis heute geblieben. Das Land der dunklen Wälder und kristallenen Seen - was ist daraus geworden in den 70 Jahren seit der Vertreibung? In seinen südlichen Teil zu reisen ist ebenso problemlos wie ins einstige Memelland. Schengen sei Dank
Aufwendiger ist es, den Oblast Kaliningrad, das Land zwischen Litauen und Polen zu besuchen.. Es ist das Verdienst der Kreisgemeinschaft Elchniederung in der Landsmannschaft Ostpreußen, insbesondere das ihres Mitglieds Dieter Wendskat, Reisen anzubieten, die nicht nur punktuelle Eindrücke vermitteln, sondern ein Bild des Landes insgesamt. Zwei von neun Tagen waren verständlicherweise der Elchniederung vorbehalten. Sie war schon zu deutscher Zeit besonders dünn besiedelt und wegen des Tieres berühmt, dessen Namen sie trägt: dem Elch. Kaiser Wilhelm II. jagte hier ebenso wie nach ihm der Reichsjägermeister Göring. Das Jagdschloß Pait benutzten beide. Es hat die Zeitläufte überdauert, wenn auch nicht unversehrt. Als dies nach dem Ende der Sowjetunion möglich wurde, kümmerte sich der Berliner Jäger und Naturfreund, Jürgen Leiste, um seine Wiederherstellung. Inzwischen ist er weitergewandert, nach Lauknen, ein winziges Dorf im Großen Moosbruch, wo er sich um den Naturschutz verdient macht.
Die Fahrt von Tilsit zum Moosbruch führt durch Dörfer wie Heinrichswalde, Groß Friedrichsdorf und Gerhardswalde. Der Weg durch das flache Land, wo nur der Horizont den Blick begrenzt, geht durch unbestellte ehemalige Felder, die versteppt und mit herrlich blühenden Weißdornbüschen geschmückt sind. Bestelltes Land kommt vor, ist aber selten. Deprimierend ist der Anblick der Dörfer selbst. Relativ wenige Plattenbauten zwischen alten Häusern aus deutscher Zeit. Beide haben eines gemein: Den Zerfall. Dazwischen stehen auch Häuser in guten Zustand. Sie – machen die Tristesse der übrigen nur noch deutlicher sichtbar. Am deprimierendsten ist der Zustand der meisten Dorfkirchen, darunter mehrere, die der Schinkel-Schüler Stüler gebaut hat. Eingestürzte Dächer öffnen den Blick in den Himmel. Die Dörfer sind einfach zu groß. In ihnen gibt es keine Arbeit und folglich nur wenige meist alte Menschen, die als Selbstversorger ihr Dasein fristen. Etwa besser sehen Landstädte wie Labiau und die größeren wie Tilsit aus. Gumbinnen, heute Gusev, ist die große Ausnahme. Hier hat ein tüchtiger Bürgermeister vorgemacht, wie gut auch die übrigen Landstädte aussehen könnten – wenn die Gelder dorthin flössen, wohin sie sollten.
Dieter Wenskats Reisekonzept ermöglicht es, einen Überblick über das Land zu gewinnen, weil es flexibel ist. Von unserem Hotel in Tilsit fahren wir über Insterburg, das Gestüt Georgenburg (ein ehemaliges Vorwerk von Trakehnen, das in alter Pracht neu erstanden ist) über Gumbinnen und Stallupönen nach Trakehnen (das dabei ist renoviert zu werden. Das Landmeisterhaus ist schon renoviert und der Tempelhüter wieder am Ort). Weiter geht’s bis in die Romintener Heide, nach Nassawen bis zum Wystiter See. Ein unvergleichlich herrlicher Blick über den See und die dunklen Wälder an seinen Ufern begeistern.
In krassestem Gegensatz zum Verfall des übrigen Landes, präsentiert sich das Samland mit seinen beiden wichtigsten Städten, Königsberg und Pillau sowie den Ostseebädern Cranz, Rauschen und Palmnicken, wo nach wie vor Bernstein gefördert wird. Vom einstigen Zentrum Königsbergs ist wenig mehr als der wieder errichtete Dom geblieben. Weite Teile des alten Königsberg sind noch vorhanden. Die Gegend um den Zoo, zum Beispiel, aber auch Viertel wie Maraunenhof, Amalienhof und Metgethen sind wieder das, was sie damals auch schon waren: ziemlich gepflegte Villenviertel.
Manchmal nimmt die Geschichte ironische Züge an, so auch hier. Dort wo die Sowjets das Stadtschloss gesprengt und abgeräumt haben, steht seit gut zwanzig Jahren ein Torso. Offiziell heißt er „Haus der Räte“, die Königsberger nennen ihn nur das „Monstrum“. Zehngeschossig steht er da als Ruine, unbewohnt, mit leeren Fensterhöhlen. Mangels Stabilität ist der Bau unbewohnbar und soll demnächst abgerissen werden. Und was soll an seine Stelle kommen? – Man mag es kaum glauben: Ein Neubau von Teilen des einstigen Stadtschlosses ist nicht nur im Gespräch, sondern konkret in der Planung. Die Baupläne, so wird erzählt, liegen vor.
Zieht man nach neun Tagesreisen quer durch den Oblast eine Bilanz, so bleibt festzuhalten: Das Land befindet sich in schneller Wandlung, dessen Ergebnis noch nicht absehbar ist. Was für Russland am Oblast Kaliningrad wertvoll ist, fällt sofort ins Auge: Das Samland mit Königsberg, Pillau und den Seebädern. Von der gut eine Million Menschen, die im Oblast leben, wohnen 600 bis 800 000 allein in Königsberg.
Hier wird Geld verdient und investiert, die Häuser sind weitgehend in gutem Zustand und moderne Neubauten entstehen – so wie bei uns auch. Unklar ist, was aus dem übrigen Land werden soll, wo weder investiert noch verdient wird, wo die Bevölkerung wegzieht und fast nur Alte bleiben, die als Selbstversorger ohne ein relevantes Einkommen dahinvegetieren. Was macht man mit einem Land, das man nicht braucht; in dem sich die aus Russland, der Ukraine und anderen Teilen der einstigen Sowjetunion zusammen gewürfelte Bevölkerung fremd fühlt und „nach Hause“ möchte? Einerseits irritiert viele die territoriale Trennung von Russland; andererseits sind vor allem die Jüngeren mit ihren Interessen nach Westen orientiert ist; auch weil Berlin nur 600, Moskau aber 1200 Kilometer entfernt ist. Noch etwas verdient Beachtung: Bevölkerung und Obrigkeit haben die deutsche Vergangenheit des Landes neu entdeckt und ihre Verdrängung beendet. In Tilsit stehen mitten auf dem Leninplatz ein Wegweiser mit Straßenschildern in deutscher Sprache; im Hotel Russia empfangen uns im Treppenhaus die bekannten Portrait-Gemälde von Königin Luise und König Friedrich Wilhelm III., im Stadtpark ist das Luisen- Denkmal neu errichtet und die Königin-Luise-Brücke überbrückt die Memel so selbstverständlich wie eh und je. Auch andernorts erinnert man sich offenkundig aus eigenem Antrieb der deutschen Vergangenheit. Dem entspricht ihr Umgang mit den Gästen. Sie sind nicht nur freundlich und hilfsbereit. In Cranz zeigen sie uns ihre Schulen, die neu erbauten und mit Elektronik phantastisch ausgestattete ebenso wie ihre Musikschule, wo uns die Kinder mit deutschen Liedern begrüßen. Auch Landrat und Bürgermeister haben Zeit für uns. Fast könnte man glauben, unsere Kriege hätten nie stattgefunden. Haben sie aber doch. Mental aber scheinen sie überwunden – und dieser Eindruck ist der beste der ganzen Reise.
Besuch der Kurischen Nehrung und “Paula rettet Opa Alfred aus den eisigen Fluten der Ostsee”
Unser Vorletzter Tag führte uns von Kranz auf die Kurische Nehrung. Nach besuch der Vogelwarte Rossitten und dem Wald mit den tanzenden Bäumen machten wir einen Badenachmittag am Strand der Ostsee. Schönstes Sonnenwetter, so wie wir die Ostsee lieben. Nur das Wasser hatte vielleicht maximal 13° Celsius. Nicht gerade zum planschen. Aber es reichte, um barfuß nach Bernstein zu suchen. Am eifrigsten war Dieter Wenskat, er konnte gar nicht genug suchen, um nichts zu finden. Ich versuchte mich auch in dieser Kunst ohne Erfolg. Dann stand plötzlich Opa Alfred in Badehose neben mir. Alfred, unser ältester Teilnehmer mit 87 Jahren ist gebürtiger Königsberger und hatte seine Enkelin Paula am Haken, zeigte ihr seine alte Heimat.
Wie gesagt Alfred in Badehose. Ich meinte: “Du willst doch nicht etwa rein?” Er: “Muss ich doch, sonst denken alle ich bin ein Feigling!”
Dann ging er los. Schön langsam und den stürmischen Wellen immer näher kommend. Dann erwischte ihn eine hohe Welle und warf ihn um. Jeder weiß, wie schwierig es ist in dieser Phase wieder aufzustehen. Aber da nahte mit riesigen Schritten Enkelin Paula, natürlich in Unterwäsche und rettete ihren Opa.
1. Tag: Flug von Berlin nach Königsberg (Flughafen Chrabrowo/Powunden).
Fahrt mit dem Bus nach Tilsit mit Zwischenstopp in Arnau/Rodniki (Marino). Auf dem Flugplatz Chrabrowo, der gerade Rekonstruiert wird ist wie in
Sowjetzeiten fotografieren verboten. Der Besuch der ehemaligen Wallfahrtskirche, weitgehend wiederhergestellt, war ein erster Höhepunkt unserer Rundreise. Die Kirche stammt aus der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts, war 1945 evangelische Kirche. Im Krieg war die Kirche weitgehend erhalten geblieben wurde aber durch Nutzung als Speicher mit Umbauten arg in Mitleidenschaft gezogen. Wandmalereien wurden bei der Renovierung sichtbar gemacht. Sie soll als Museum genutzt werden. Die Zukunft sieht nicht gut aus, da nach der Übertragung der Kirche an die Russisch-orthodoxe Kirche, eine aktive weitere Reovierung (z.B. Fresken nicht erfolgt. Danach ging es nach Tilsit zum Hotel “Rassija”.
2. Tag: Von Tilsit zum Gestüt Georgenburg, dann nach Insterburg/Zernjachowsk mit Besichtigung der Burg. Zu Mittag waren wir in Gumbinnen/Gusew in der Nähe des Elches, für das Menü zahlten wir 4 €! In Trakehnen/Jasnaja Poljana besichtigten wir das ehemalige Hauptgestüt - der Tempelhüter steht wieder auf seinem Sockel. Nicht im Plan war der anschließende Umweg, weil wir nun schon mal in dieser Ecke waren, in die Rominter Heide mit dem zauberhaften Wystiter See. Durch den See verläuft die Grenze zu Litauen. Dann folgten Ebenrode/Nesterow, Gumbinnen und schließlich Breitenstein/Uljanowo. Hier besuchten wir das Museum des ehemaligen Schuldirektors Juri Userzow aus 238716 Uljanow, der in mühevoller Kleinarbeit alles was aus deutscher Zeit stammte gesammelt und geordnet hat. Jetzt wurde es Zeit und wir fuhren über Ragnit/Neman zurück nach Tilsit. Die verlängerte Zeit und den Umweg hat ein Mitreisender gesponsert - Danke!
3. Tag: Heinrichswalde, heute Kreisstadt Slawsk, Gr. Friedrichsdorf, Kreuzingen, Lauknen - Großes Moosbruch
Juri Userzow (Mitte mit kariertem Hemd) aus 38716 Uljanowo hat als Direktor dieser Schule jahrelang alle möglichen deutschen Gegenstände, Schriften, Fotos etc. gesammelt und in der Schule ein kleines Museum eingerichtet, dass er auch nach seiner Pensionierung weiter betreiben darf. Er hat schon vielen Deutschen bei ihrer Ahnenforschung helfen können.
4. Tag: Kuckerneese, Herdenau, Karkeln, Jagdhaus Pait, Inse, Rauterskirch, Seckenburg und Elisabeth-Kloster in Priosjorje (Argendorf)
Die Rundfahrt mit Start in Tilsit führte uns durch die nördliche Region der Elchniederung, der Teil des Kaliningrader Obast, der am schlechtesten entwickelten Region. Seit 2000 existiert das Elisabeth-Kloster, inzwischen ein “Muss” für einen Besuch dieses Prunkobjektes mit Straußenfarm und Hühnerzucht.
5. Tag: Umzug nach Cranz (Selenogradsk) über Labiau mit Abstecher nach Elchwald, möglich wegen des kleinen Busses