Das Kirchspiel Kreuzingen früher Groß Skaisgirren (russ.Bolschakowo Большаково) (Kirchspielvertreter Dieter Wenskat)
Auf der “Landtafel von Preußen“, die der bedeutende Kartograph Kaspar Hennenberger 1576 herausgab, war das Gebiet des späteren Kirchspiels Skaisgirren/Kreuzingen noch eine fast unbewohnte Fläche. Dort dehnte sich ein dichter Wald aus, der einige Jäger und Holzfäller anzog. Durch diesen Wald führte ein Weg, der die Nummer 43 trug und erstmals 1384 urkundlich erwähnt wurde. Er verband die beiden Burgen Labiau und Ragnit, die der Ritterorden dort hatte errichten lassen.
Erst ab Ende des 16ten Jahrhunderts wurde dieses Gebiet langsam besiedelt, und auf den gerodeten Flächen wurden Dörfer gegründet. Skaisgirren war die zweitälteste Siedlung in dieser Gegend. Der Ort wird erstmals 1583 genannt. In einer Urkunde aus diesem Jahr heißt es: “In Skeisgirn wohnet einer mit Namen Domasch. Zinset jährlich 5 Mark Geld und einen Marder oder aber 1 Mark 15 Schilling Mardergeld.“
Bald kamen mehr Kolonisten hinzu. Sie haben weitere Flächen urbar ‘und nutzbar gemacht. Denn etwa um 1600 mussten schon Steuern für 15 Hufen brauchbaren Landes gezahlt werden. Wenn man davon ausgeht, dass eine Hufe Land ca. 30 Morgen umfasst, so war das eine Fläche von 112,5 Hektar. Weitere Siedler kamen hinzu, auch welche aus Litauen. Sie rodeten mit großem Fleiß immer mehr Flächen, so dass sich der Ort weiter ausdehnte und auch andere Dörfer in der Umgebung entstanden. Einem Bericht von 1662 ist zu entnehmen, dass in dem Gebiet des späteren Kirchspiels Skaisgirren/Kreuzingen schon Dörfer mit insgesamt 77 Hufen angelegt waren. Dazu gehörten u.a. Georgenheide, Vielbrücken, Gründann, Kripfelde und Wartenhöfen.
Weitere Ansiedlungen wurden durch das von dem Großen Kurfürsten erlassene Köllmische Recht gefördert. Hierdurch erhielten besonders Privilegierte oder Adlige große Landflächen als Privateigentum übertragen. In der Folgezeit wurden Wege und Straßen gebaut und dadurch das ganze Gebiet erschlossen. Dies wiederum zog Geschäftsleute an, die sich dort niederließen, um die Bedürfnisse der Bevölkerung abzudecken. So entstand allmählich ein auf die damalige Zeit bezogener bescheidener Wohlstand.
Einen wirtschaftlichen Aufschwung brachte die Eröffnung der Bahnstrecke Königsberg-Tilsit, deren letztes Teilstück am 01.10.1891 in Betrieb genommen wurde. Damit war eine schnelle Verbindung für den Personen- und Güterverkehr geschaffen worden. Auch die Kleinbahnstrecke Kreuzingen-Insterburg trug dazu nutzbringend bei. Ein weiterer verkehrsmäßiger Vorteil für Kreuzingen war der, dass hier sechs Fernstraßen kreuzten, wodurch der Ort von allen Seiten leicht erreicht werden konnte. Er lag in der südöstlichen Ecke des Kreises Elchniederung und grenzte an die Nachbarkreise Labiau, Insterburg und Tilsit-Ragnit.
Durch die hervorragende Lage im Verkehrsnetz entwickelte sich Kreuzingen zu einem Hauptmarktplatz. Dort war der größte Wochenmarkt von ganz Ostpreußen und der größte Ferkelmarkt vom ganzen damaligen Preußen. Schon in der Nacht zum Donnerstag - dem Markttag - rollten die Fischerwagen aus den Haffdörfern und Gemüse- und Kartoffelwagen aus dem Großen Moosbruch heran. Auf anderen Fahrzeugen wurden Ferkel transportiert. Die genannten Waren wurden auf dem 13 Morgen großen Schweinemarkt angeboten. Dort fand auch an einigen Tagen im Jahr der Vieh- und Pferdemarkt statt. Durchschnittlich wurden 300 Rinder und Pferde aufgetrieben.
Für weitere Erzeugnisse standen der Getreide- und der Buttermarkt zur Verfügung. Beide Märkte hatten eine erhebliche Ausdehnung, so dass es verständlich erscheint, dass nach amtlicher Schätzung an jedem Donnerstag 1000-1500 Fuhrwerke im Ort untergebracht werden mussten. Sie füllten alle Straßen und Plätze sowie die Höfe der Gaststätten. An jedem Markttag wurden durchschnittlich 500-600 Ferkel zum Verkauf angeboten Sie wurden von Händlern aufgekauft und überwiegend mit der Bahn nach Schlesien, Pommern und Brandenburg versandt. Ebenfalls wurden an diesem Tag 100 bis 120 Zentner Butter und 100 bis 120 Kisten Eier zu je 600 Stück aufgekauft, um sie Verbrauchern in den Städten zuzuführen.
An einem anderen Tag der Woche erfolgte an der 250 Meter langen Rampe des Bahnhof Kreuzingen die Verladung von fetten Schweinen, Läuferschweinen sowie von Schlachtvieh. Durchschnittlich waren es 36 Waggons, die u.a. nach Berlin und Sachsen gingen. Die überwiegend kleinbäuerlichen Betriebe der Umgebung hatten sich auf Schweinezucht und Schweinemast konzentriert.
Bei diesem regen Geschäftsleben waren auch andere Branchen gefragt. So gab es in Kreuzingen drei Hotels, vier Gaststätten mit Übernachtungsmöglichkeiten, zwei Cafes zwölf Kolonial-, Eisenwaren-, und Lebensmittelgeschäfte, eine Landmaschinen-Großhandlung, fünf Textilgeschäfte, Kürschner, Geschäfte für Fleisch- und Wurstwaren, zwei Gärtnereien, Frisöre, andere Handwerksbetriebe, drei Arzte, drei Zahnärzte, einen Tierarzt einen Apotheker und drei Rechtsanwälte. Am Ort waren auch ein Amtsgericht mit Kaluse, ein Postamt, eine Sparkasse und eine Bank sowie eine Molkerei. Die größten Arbeitgeber von Kreuzingen waren die Kreuzinger Mühlenwerke, die Neidenburger Mühlenwerke, die aber schon zu Wartenhöfen gehörten, und die Eierzentrale etwa seit 1936.
Kreuzingen hatte eine Freiwillige Feuerwehr, die als erste im Kreis Elchniederung eine Motorspritze besaß. Etwa 1905 erhielt der Ort sein erstes Stromnetz.
Das kulturelle und Vereinsleben erlangte unter der Leitung von Rektor Schillak eine große Bedeutung. Auf seine Initiative wurde 1922 das erste Gauturnfest nach dem ersten Weltkrieg in Kreuzingen mit großem Erfolg durchgeführt. Auch den Sängerverein mit seinen rund 40 Aktiven dirigierte er von 1912 bis 1938 und machte ihn weit über die Kreisgrenzen hinaus bekannt. So nahm der Verein auch an den Bundessängerfesten in Hannover, Wien und Breslau teil. An Schulen gab es eine Mittelschule, die in privaten Räum untergebracht war und eine siebenklassige Volksschule. Die alte stammte aus dem Ende des 18ten Jahrhunderts. Sie diente ab Ausgang 1938 als Gemeindeamt. Eine neue, sehr moderne Schule nahm im November 1938 ihren Betrieb auf. Die Bevölkerung in und Kreuzingen war fast ausschließlich evangelischen Glaubens. Seit 1693 gab es am Ort eine Kirche. Eine weitere wurde später (um 1925 für die Evangelisch-Lutherische Freikirche gebaut) an der Neuen Straße errichtet. Wie in der ganzen Elchniederung gab es auch hier Freikirchen, Sekten und religiöse Gemeinschaften, die nie der Landeskirche angehörten. Da gab es u.a. den Bund freier Christen, die Baptisten, Evangelische Gemeinschaft, die Neuapostolische Gemeinschaft, wenige Sabbatisten, Adventisten und die Zeugen Jehovas.
Im geschichtlichen Rückblick bleibt festzuhalten, dass sich ein Teil des französisch-preußischen Krieges von 1806/07 in Ostpreußen abgespielt hat. So kam im Juni 1807 Napoleon Bonaparte mit einem Teil seiner Truppen nach Kreuzingen. Die Kirche diente als Pferdestall, und Napoleon selbst wohnte im gegenüberliegenden Pfarrhaus. Das Zimmer wurde danach das Napoleonzimmer genannt. Sein Weg führte dann nach Tilsit, wo Anfang Juli 1807 auf einem Floß auf der Memel der Friede zu Tilsit unterzeichnet wurde.
Nach Ausbruch des ersten Weltkrieges drangen russische Truppen auch in Kreuzingen und Umgebung ein. Sie blieben dort etwa vom 27.08. bis 08.09.1914 und nahmen bei ihrem Rückzug Männer mit, die zum Teil erst 1919 oder 1920 aus Sibirien zurückkehrten. Andere kamen nie wieder.
Kreuzingen hatte 1939 2256 Einwohner. Im Zuge der Umbenennung aller Ortsnamen mit litauischem Klang wurde aus Skaisgirren am 16.07.1938 Kreuzingen. Das Kirchspiel umfasste 38 Dörfer und war mit 9019 Einwohnern nach der letzten Volkszählung vom 17.05.1939 das größte Kirchspiel des Kreises Elchniederung.
Im Herbst 1944 zeichnete sich auch für die größten Optimisten die Katastrophe ab. Die Rote Armee rückte bis zur Memel vor. Da kam Anfang November 1944 die Erlaubnis zum Räumen. Viele haben das Ende der Flucht aber nicht erlebt. Die anderen wurden in alle Winde zerstreut und fanden schließlich eine neue Heimat. Jahrzehnte wusste man nichts über das Schicksal von nächsten Nachbarn. Einige gelten noch immer als verschollen.
Kreuzingen und Umgebung habe ich zum ersten Mal 1991 wiedergesehen, weil vorher eine Einreise verweigert wurde. Der Ort selbst und auch die umliegenden Dörfer haben ihr früheres Aussehen verloren. Die Hauptstraße mit ihren Geschäften wurde schon beim Einmarsch der Roten Armee am Abend des 19.01.1945 durch Granaten weitgehend zerstört. Hier schlug ihnen Widerstand entgegen, weil deutsche Truppen so lange wie möglich die Zu- und Abgangsstraßen für sich und die Flüchtlinge offen halten wollten. Anderes ist später zerstört oder beschädigt und damit dem Verfall preisgegeben worden. Das Land ist versteppt und wird nur zu einem geringen Teil bearbeitet. Es ist nicht leicht, sich heute da zurechtzufinden, auch wenn man dort aufgewachsen ist.
Kirchspielvertreter Herbert Schneidereit Projensdorfer Straße 100 24106 Kiel
Aus „Die Kirchengemeinden Kreuzingen und Gowarten, Kreis Elchniederung“, herausgegeben von der Kreisgemeinschaft Elchniederung
* In Klammern und in Blau ist eine Ergänzung von H.W.Nienke
Orte des Kirchspiels Kreuzingen |
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Ortsname ab 1938 |
Ortsname bis 1938 |
Einwohner 1939 |
Altmühle |
Lankeningken |
190 |
Berkeln |
Messehnen, Plauschinnen, Willwohnen |
298 |
Borstehnen |
Borstehlischken |
16 |
Breitenhof |
Oschweningken |
97 |
Demmen |
Demmenen |
151 |
Eckwalde |
Bersteningken |
182 |
Finkenhof |
Petschkehnen |
136 |
Georgenforst |
Klein Ischdaggen |
104 |
Georgenheide |
Kletellen |
144 |
Gerhardsgrund |
Obschruten |
165 |
Gerhardsheim |
Lepienen |
150 |
Gerhardshöfen |
Weidgirren |
56 |
Gerhardswalde |
Gerhardswalde |
105 |
Gerhardsweide |
Liedemeiten |
202 |
Gobienen |
Gobienen |
112 |
Grenzberg |
Groß Aszmaggern |
358 |
Gronwalde |
Klein Girratischken |
248 |
Grünau |
Gründann |
287 |
Grünhof-Kippen |
Grünhof-Kippen |
76 |
Jagsten |
Jagsten mit Wingsnupönen |
272 |
Kämpen |
Kumpelken |
103 |
Kischen |
Kischen |
104 |
Kleingrenzberg |
Groß Wabbeln |
54 |
Kreuzingen |
Groß Skaisgirren |
2.256 |
Margen |
Margen mit Paossen |
119 |
Mühlenkreuz |
Makohnen |
229 |
Ossafelde |
Endrejen |
247 |
Parwen |
Parwischken |
197 |
Rutenfelde |
Wirblauken |
32 |
Schulzenwiese |
Schudledimmen |
358 |
Steilberg |
Basznitzkallen |
139 |
Tannenhöhe |
Schillehlen mit Wargutschen |
85 |
Vielbrücken |
Großwixwen |
163 |
Groß Girratischken |
660 |
|
Wegnersdorf |
Wegnerminnen |
18 |
Wihelmsbruch mit GutsbezirkWilhelmsbruch |
Wilhelmsbruch |
434 |
Wihelmsheide |
Wilhelmsheide |
234 |
Gesamt: 38 |
|
9.019 |
Eine Erinnerung an die Mittelschule in Kreuzingen von Cuno Welsch mit vielen Namen von Lehren und Schülern finden Sie auf der Seite Geschichten vor 1945
Zum Ortsplan OP554 Kreuzingen von Horst Schwerdt alle aufgeführten Straßen/Ortsteile/Namen von West nach Ost aufgelistet |
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Ossafelder Straße |
Königsberger Straße |
Tilsiter Straße |
l Amtsgericht |
r Möbel Urschat |
l Uhrmacher Schäfer |
r Evangelische Kirche mit Friedhof |
r Stilger |
l Mittelschule |
r Wisbar |
l Konditorei Diesler |
l Witt |
r Lischitzki Gärtnerei |
l Post (Kämper Straße) |
r Rotkamm |
r Büttner |
Hauptstraße |
r Hotel |
r Bahnhof (weiter rechts) |
s Gemeindeamt/Alte Schule |
r Volksbank |
r Schorius |
s Buttermarkt |
r Dieck (Papier & BÜcher) |
r Groß |
s Gärtnerei Herrmann |
r Stringe Fleischerei |
Kämper Straße |
r Polizei (Schlänger) |
r E. Welsch |
l Gerdewischke |
r Apotheke & Drogerie Amelung |
r Dill |
l Post |
s Hotel Bandßus (Kino) |
r E. Bramann |
l Konditorei Dieser |
s A. Diester & Café Markschieß |
Neue Straße |
l Meierei |
s Irrgang & Jankowski (Papier & Bücher) |
Evangelisch-Lutherische Freikirche (ELFK) |
r Schule |
s Landmaschinen Brommauer |
|
r Schneider |
s Bendig Kolonialwaren |
Friedrichsdorfer Straße |
r Broscheit |
s Getreidemarkt |
l Evangelische Kirche |
Siedlung West |
s Gottschalk Eiskaffee |
l Sportplatz |
Krause |
s Dr. Jurkschat |
l Eierzentrale |
Gräsch |
s Hotel Krause |
l Niedrunger Mühlenwerke |
Schwerdt |
s Paesler Elektro |
l Kallweit Verbindungsstraße |
Baltrusch |
s Mühlenwerke Alwin Wisbar |
l Groß Verbindungsstraße |
Tiltmann |
n Kaufhaus Grodßinsi |
l Schories Verbindungsstraße |
Spang |
n Paesler ab 1938 |
r Pfarrhaus |
Spagat |
n Elektro Krause |
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Randßus |
n Sonnenberg |
|
Nauwartat |
n Schuhladen |
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Klein |
n Furchert |
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Vangehr |
n Manufaktur Reifenberger |
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Kattenberg |
n Pferde- und Schweinemarkt |
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Ennulat |
Siedlung Ost |
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Blant |
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Matschullat |
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Bahnhof Kleinbahn nach Insterburg |
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Zum Ortsplan von Wartenhöfen von R. Schneidereit alle aufgeführten Straßen/Namen von Süden nach Norden aufgelistet |
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Hauptstraße nach Groß Friedrichsdorf |
noch Hauptstraße |
s Saperautski |
l Baltruweit |
l Kujelies |
s Mattßiet |
l Bahnhof |
l Ambrasius |
s Angelmüller |
l Niederunger Mühlenwerke |
l Augustin |
n Ollsteit |
l 1. Querweg |
l 6. Querweg |
n Arndt |
s May |
s Gugat |
n Batutzki |
n Treinies |
s August Alex |
n Glubert |
n Kalweit |
s Hindßus |
n Stallßus |
n Groß |
n Adamat |
n Bogdan |
l Stennull |
n Szarrat |
r Wabbels |
l Beutler |
n R. Schneidereit |
r 2. Querweg nach Paossen |
l 2. Querweg |
n Zong |
s Bastigkeit |
keine Namen |
n Korindt |
n Geschwendt |
l Treinies |
n Gelies |
n Brygedda |
l Matzick |
n Buttgereit |
n Hasinger |
l 3. Querweg |
n Kirschning |
n Abzweig vom 2. Querweg nach Norden |
s Matthes |
n Siebert |
l E. Hofer |
n Friedhof |
l O. Schneidereit |
l Pucknat |
n Baumgart |
l F. Schneidereit |
l Abroweit |
l Neumann |
l Kummetz |
l Raudßus |
l Stanscheit |
l R. Schäfer |
l Hinz |
l Sudau |
|
l Janz |
l Raudies |
r Rechte Seite Hauptstraße im Süden |
l Alinski |
l 4. Querweg |
r Dietrich |
r Saperautski |
n Rupenus |
r Kricklies |
r Naujok |
n Schweißing |
r Zerrath |
r Tiedemann |
l Dank |
r Petereit |
r F. Schurkus |
l 5. Querweg nach Ossafelde |
r Steinbeck |
r E. Schurkus |
s O. Höfer |
r Westphal |
r Hayet |
s H. Alex |
r Barkowski |
r Bajorat |
s Schrader |
r Koppitz |
r Pettoschka |
s Scherdeit |
r Lorenschat |
r Schulz |
n Szillat |
r 1. Querweg |
r Parakenings |
n Baumeister |
s Wiese |
r Rorinth |
n Tuttlies |
s Barries |
r Jadeit |
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Die Evangelisch-Lutherische Freikirche (ELFK) in Kreuzingen und Ostpreußen
Seit einigen Jahren schwelt ein kleiner Disput um die Kirche in der ehemaligen Neuen Straße von Kreuzingen, die heute von der Katholischen Gemeinde genutzt wird. In Schwung gebracht hat dies unsere Kirchspielvertreterin Ruth Woldeit, die in dieser Kirche am 10.04.1944 von Pastor Johannes Forchheim konfirmiert wurde. Pastor Johannes Forchheim war eigens für die Konfirmation vom Militär beurlaubt worden. Er wohnte zufällig im gleichen Haus wie Frau Woldeit, nämlich in der Tilsiter Straße 35 von Kreuzingen.
Frau Woldeit hatte kritisiert, dass in allen Internet Dokumentationen diese Kirche als „Adventistenkirche oder Babtistenkirche“ ausgewiesen wurde. Sie behauptete zu Recht, wie wir jetzt wissen, dass es eine „Evangelisch-Lutherische Freikirche“ war.
Um das abzuklären habe ich mich deshalb an die ELFK von Sachsen gewendet und erhielt daraufhin folgende Antwort:
„Zu Skaisgirren: Die dortige Ev.-Luth. Immanuelgemeinde der ELFK bestand von 1898-1945. Von 1938-45 war Pf. Johannes Forchheim ihr letzter Pastor. Die Gemeinde hatte 1928 knapp über 200 Glieder (das ist die letzte vorliegende Angabe).
1901 baute die Gemeinde ein Pfarrhaus mit Kirchsaal (Wöhling, Geschichte der Ev.-Luth. Freikirche, Zwickau 1925, S. 180). 1925/26 wurde an einem anderen Standort ein eigenständiges Kirchgebäude mit Turm errichtet und am 18.7.26 eingeweiht. Der Bericht in der ELFK-Kirchenzeitung (Evang.-Luth. Freikirche 1926, S. 134f) spricht davon, dass das Gebäude 20 m lang und 10 m breit war, der Turm 24 m hoch. Leider ist nicht die genaue Adresse des Neubaus vermerkt.
Die zuletzt für die Pfarrwohnung angegebene Adresse lautete: Tilsiter Str. 35 (Ev.-Luth. Hausfreundkalender 1941, S. 84). Aus der Angabe wird nicht klar, ob das zugleich die Anschrift des Kirchgebäudes war.
Im Archiv habe ich 3 Fotos von der Kirche in Skaisgirren gefunden (leider nur in sehr mäßiger Qualität). Zeit: ca. 1930
Dr. Gottfried Herrmann“
Darüber hinaus erhielt ich von Herrn Dr. G. Herrmann das “Verzeichnis der Gemeinden und Pastoren der ELFK von 1876 bis 1996“ Concordia-Verlag Zwickau sowie einen Auszug aus der Chronik Sachsen „Chronik des Ostpreußischen Bezirkes der ELFK 1925 – 1945“ von Johannes Forchheim ein Neffe des gleichnamigen Pastors von Kreuzingen. Die Chronik ist noch nicht digitalisiert.
Die ELFK findet man im Internet unter www.elfk.de
Den Kirchen von Ostpreußen und im Besonderen von der Elchniederung hat man sich in der Vergangenheit nicht tiefgehender oder oft gewidmet, wie soll man sonst erklären, dass diese kleine Kirche in Kreuzingen oder Groß Skaisgirren kaum beachtet wurde!
Jedenfalls steht in unserem Standardwerk “Der Kreis Elchniederung” Band I auf Seite 273 zum Thema Freikirche und Sekten:
“..... Es ist nicht möglich, alle Freikirchen, Sekten und religiösen Gemeinschaften der Elchniederung aufzuzählen , es soll an dem Beispiel des Kirchdorfes Kreuzingen (Gr.-Skaisgirren) aufgezeigt werden, wie vielfältig sie waren, und soll gesagt sein, dass sie so zahlreich wie in diesem Ort auch in den anderen Gemeinden auftraten .
Der Ostpreußische Gebetsverein der Landeskirchlichen Gemeinschaft innerhalb der Landeskirche hatte in Kreuzingen (Gr.-Skaisgirren) in der Bahnhofstraße im Hause“Krippee“ einen Gebetsaal.
Die Kirche der Lutheraner, ein kleines Kirchlein nur mit spitzem Turm, stand in der Neuen Straße, welche die Bahnhofstraße mit der Tilsiter Straße verband. Die Lutheraner standen außerhalb der Landeskirche.
Die Wiedertäufer oder Baptisten waren gleichfalls aus der Landeskirche ausgetreten. Sie hielten in der Schillerstraße in einer Kapelle ihre Gottesdienste.
Auch der BFC = Bund freier Christen, stand außerhalb der Landeskirche.
Die Evangelische Gemeinschaft, sie stand gleichfalls außerhalb der Landeskirche, hielt ihre Gottesdienste in Gerhardsweide (Liedemeiten) in der Molkerei Zürcher und in Ossafelde (Endrejen).
Für die Neuapostolische Gemeinschaft hatte der Hausbesitzer Albert Siemoneit am Ende der lnsterburger Straße eine Gebetskirche erbaut, in der die Mitglieder dieser Gemeinschaft zusammenkamen und dort auch Kindergottesdienste hielten. Diese Gemeinschaft erfuhr reiche Unterstützung von amerikanischen Schwestergemeinden.
Das Blaue Kreuz stand innerhalb der Landeskirche und hielt Gottesdienste in Privaträumen der Villa Jaksteit.
Sabbatisten gab es nur vereinzelt. Sie feierten den Sonnabend. Es ist nicht bekannt, ob und wo sie zu gemeinsamen Andachten zusammenkamen.
Die Adventisten bildeten auch nur eine kleine Gruppe.
Zeugen Jehovas boten an Markttagen den Marktbesuchern den „Wachtturm" an und trugen ihre Schriften von Haus zu Haus. Den nationalsozialistischen Umzügen wichen sie wie dem brennenden Feuer aus, weil sie deren Fahnen nicht grüßen wollten.....”
Die ELFK gibt es bereits seit über 140 Jahren. Die Gemeinde in Skaisgirren/Groß Skaisgirren/Kreuzingen wurde im Juni 1898 gegründet und ihre Aufnahme in die Synode erfolgte 1907. Sie nannte sich Immanuel-Gemeinde. Die Gemeinde ist ebenfalls aus den Kreisen eines Gebetsvereins hervorgegangen. Der Prediger Enies Klaudat predigte in Skaisgirren und Umgebung. Nach dem Bruch mit anderen Predigern des Gebetsvereins kam es zu einer Annäherung an Pastor Christian Luschnat (ursprünglich Stundenhalter) in Insterburg. Im Juni 1898 kam es dazu, dass sechs Familien aus der Landeskirche austraten. Sie sind die Erstlinge der der Gemeinde Skaisgirren. Zu ihnen gehörten: Bastigkeit, Rauschning, Treinis, Matzat, Adomat und Klaudat. Sie beriefen auf Ensies Klaudats Rat Pastor Christian Luschnat, der auch die Bedienung übernahm.
Die Gottesdienste wurden zuerst in einem gemieteten Saal abgehalten. Aber, wie oben bereits genannt, baute die Gemeinde 1901 ein Pfarrhaus mit Kirchlokal (Anschrift nicht bekannt). In der folgenden Zeit, die unter dem Zeichen der Spannung zwischen der Hermannsburger Freikirche und der sächsischen Freikirche stand, litten, wie alle ostpreußischen Gemeinden, so Skaisgirren und Tilsit.
Am 25.November 1923 konnte die Gemeinde ihr 25jähriges Jubiläum feiern und am 07. Juni 1925 durfte die Gemeinde in Skaisgirren den Grundstein zu ihrer neuen Kirche in der Neuen Straße legen. Bereits am 18. Juli 1926 wurde sie als Immanuel Kirche unter großer Beteiligung von Glaubensgenossen und Fremden geweiht.
Interessant in diesem Zusammenhang ist, dass Ruth Woldeit immer von der „Evangelisch-Lutherischen Freikirche in Sachsen und anderen Staaten“ spricht. Das ist sicherlich dem geschuldet, dass auf der 47. Synodalversammlung 1925 und 48. Synodalversammlung 1926 versucht wurde den Namen der Kirche in „Evangelisch-Lutherische Bekenntniskirche von Sachsen, Preußen und anderen Staaten“ zu ändern. Da keine Dreiviertelmehrheit zustande kam blieb es bei dem alten Namen. 1941 ist regionale Zusatz ganz gestrichen worden
Zu erwähnen ist auch, das die 1. Ostpreußische Bezirksversammlung am 8. Und 9. April 1927 in Skaisgirren stattfand. Bezirkspräses Martin Hein betonte in seiner Eröffnungsrede die Ziele und Wege der Arbeit des Bezirkes und wies daraufhin, welches aussichtsreiches Missionsfeld sich gerade in Ostpreußen anbot. Die sechste und letzte ostpreußische Synodalversammlung fand 1939 in Königsberg statt. Während des Krieges fanden keine Bezirksversammlungen mehr statt. Pastorenkonferenzen tagten sooft es möglich war. Von acht Pastoren befanden sich vier bei der Wehrmacht, sodass die älteren Pastoren viel zusätzliche Arbeit leisten mussten. Die Jahre 1944 und 1945 brachten eine Katastrophe, die Menschen mussten ihre Heimat verlassen und die Gemeinden hörten auf zu existieren.
In der Chronik wurde folgendes zur Immanuel Gemeinde berichtet:
Die Immanuel Gemeinde von Skaisgirren feierte immer wieder Missionsfeste, manchmal sogar dreimal im Jahr.
In großer Treue und Liebe diente bis zu seinem Tod 1929 Pastor Ensies Klaudat. Inmitten seiner Gemeinde beging er 1. Weihnachtsfeiertag 1925 sein 25jähriges Amtsjubiläum. In den Jahren 1929 –1931 halfen die Pastoren Friedrich Drechsler und Walter Schödel aus. 1931 wurde Pastor Theodor Mueller in der Kirche ordiniert und in sein Amt eingeführt.
Besondere Aufmerksamkeit fand eine Evangelisation, die an sechs aufeinander folgenden Abenden im Januar 1932 durchgeführt wurde. Ein Thema war z.B. „In der Welt, nicht von der Welt.“ Diese Evangelisation war mit einer Pastoralkonferenz verbunden.
Nachdem Kandidat Johannes Forchheim schon in der Gemeinde tätig war, wurde er zu ihrem Pfarrer ordiniert und am 6. Mi 1934 eingeführt. Aus den Schwestergemeinden Königsberg, Insterburg und Tilsit kamen über 100 Gäste.
Dankbar gedachte die Gemeinde im Juli 1936 ihres 10jährigen Kirchweihjubiläums.
Pastor Johannes Forchheim musste von 1939 bis 1945 Soldat sein. 1945 existierte die Gemeinde nicht mehr, aber die Kirche hat überlebt.
Die Pastoren der Gemeinde Skaisgirren/Kreuzingen:
Zeit |
Pfarrer der Gemeinde |
Vakanzvertreter/Vikare |
1898 - 1899 |
Klaudat, Ensies |
|
1898 – 1899 |
Luschnat, Christian |
|
1899 – 1902 |
Klaudat, Ensies |
|
1902 – 1911 |
Otten, Hermann |
|
1911 – 1914 |
Klaudat, Ensies |
|
1914 – 1929 |
Klaudat, Ensies |
|
1929 - 1931 |
Drechsler, Friedrich |
|
1929 – 1931 |
Schödel, Walter |
|
1931 – 1933 |
Mueller, Theodor |
|
1933 – 1934 |
Forchheim, Johannes |
|
1934 – 1945 |
Forchheim, Johannes |
|
1945 Auflösung |
Die statistische Darstellung der Immanuel Gemeinde Skaisgirren/Kreuzingen:
Jahr |
Ort- |
Predigt- |
Seelen- |
Kommun.- |
Stimm- |
Taufen |
Kon- |
Trauung. |
Beerdig. |
1925 |
24 |
3 |
187 |
130 |
44 |
4 |
6 |
1 |
4 |
1926 |
22 |
3 |
187 |
144 |
46 |
4 |
4 |
1 |
2 |
1927 |
22 |
3 |
191 |
141 |
42 |
4 |
4 |
- |
2 |
1928 |
23 |
3 |
195 |
135 |
42 |
6 |
- |
1 |
2 |
1929 |
23 |
3 |
196 |
134 |
41 |
3 |
4 |
1 |
3 |
1930 |
24 |
2 |
197 |
133 |
43 |
4 |
- |
1 |
2 |
1931 |
24 |
2 |
190 |
118 |
44 |
4 |
2 |
1 |
3 |
1932 |
28 |
5 |
267 |
178 |
62 |
8 |
9 |
3 |
4 |
1933 |
19 |
3 |
165 |
117 |
42 |
5 |
1 |
2 |
2 |
1934 |
25 |
3 |
188 |
127 |
43 |
6 |
4 |
3 |
1 |
1935 |
29 |
3 |
203 |
137 |
43 |
8 |
6 |
2 |
2 |
1936 |
29 |
3 |
209 |
140 |
45 |
10 |
5 |
2 |
3 |
1937 |
29 |
3 |
204 |
132 |
41 |
5 |
2 |
2 |
1 |
1938 |
28 |
1 |
204 |
130 |
36 |
2 |
6 |
- |
2 |
1932 mit Mehlauken und Gilge |
|||||||||
Genaue Angaben für die Jahre 1939 – 1945 sind nicht mehr feststellbar. |
Im Bildarchiv Ostpreußen www.bildarchiv-ostpreussen.de können sie folgende Fotos unter den ID 13556, 12001, 99074, 99075, 99077, 100193,100379 ansehen. Unterstrichene Fotos hier verwendet.
Abschließend ist zu berichten, dass es in Ostpreußen insgesamt 11 ELFK – Gemeinden gab. In der nachfolgenden Tabelle werden diese mit ein paar statistischen Daten genannt.
Ort |
Name der Gemeinde |
Gründung |
Aufn. Synode |
Seelen |
Kirche |
Eydtkuhnen |
Immanuel |
1923 |
1930 |
176 152 |
1927* |
Gilge |
Zions |
1897 |
1907 |
19 20 |
Ab 1927 ** |
Gumbinnen |
Kreuz |
25.02.1924 |
1924 |
52 39 |
03.10.1926 |
Insterburg |
Kreuz (1921) |
1896 |
1909 |
236 159 |
1898*** |
Königsberg |
Dreieinigkeits² |
19.09.1895 |
1906, 1908 |
299 421 |
Kirche³ |
Königsberg |
Balten² |
1926 - 1934 |
125 56 |
||
Königsberg |
Heimatmissions² |
1929 - 1934 |
6 6 |
||
Lyck |
Freie Ev.-Luth. |
24.06.1928 |
1930 |
124 91 |
? |
Mehlauken |
Zions |
1900 |
1907 |
96 72 |
? |
Memel |
Dreieinigkeits |
25.01.1920 |
1920 |
372 199 |
keine |
Rucken |
Dreieinigkeits |
1883 |
1920 |
09.09.1928 |
|
Skaisgirren |
Immanuel |
1898 |
1907 |
209 204 |
18.07.1926 |
Tilsit |
Kreuz |
1923 |
73 61 |
Kirchsaal |
*Gotteshaus **Mehlauken ***Ulanenstraße 4; 1904 Verkauf der Kirche an den Stundenhalter Kiupel; ²ab 1935 mit Balten & Heimatmissionsgemeinde ³Einwohnerbuch 1941
Sogenannte Stundenhalter hielten in Privathäusern Bibelandachten und Gebetsversammlungen ab.
Quelle.: 1. Verzeichnis der Gemeinden und Pastoren der ELFK von 1876 bis 1996“ Concordia-Verlag Zwickau 1. Auflage 1996
2. Auszug aus der Chronik Sachsen „Chronik des Ostpreußischen Bezirkes der ELFK 1925 – 1945“ von Johannes Forchheim
3. “Der Kreis Elchniederung” Band I auf Seite 273 Kreisgemeinschaft Elchniederung in der Landsmannschaft Ostpreußen e.V. 1995
4. Geschichte der Evangelisch-Lutherischen Freikirche in Sachsen u. a. St. Zwickau (Sachsen), 1925 Verlag des Schriftenvereins (E. Klärner)
Mein besonderer Dank gilt Herrn Dr. theol. Gottfried Herrmann, der mir die Quellen zur Verfügung gestellt hat. Dr. G. Herrmann ist Dozent, Pastor und Geschäftsführer der Concordia-Buchhandlung in Zwickau u.v.m.
Wolfgang Nienke webmaster@kreis-elchniederung.de Heimatbrief Nr. 65
Die Evangelisch-Lutherische Freikirche (ELFK)in Kreuzingen
(Gr. Skaisgirren) dem heutigen Bolschakowo
In einem ausführlichen Beitrag wurde dazu in der Pfingstausgabe 2017 Heft .65 Seite 68 ff berichtet. Für die meisten von uns hatte diese Kirche keine Bedeutung, ja sie wurde fast nie erwähnt, wenn die Rede von Kreuzingen war. Fest steht jedenfalls, diese Kirche hat die Sowjetzeit relativ unbeschadet überstanden. Vielleicht ist es dem geschuldet, dass sie relativ klein war, man kann es nicht sagen. Sie steht nach wie vor in der Neuen Straße, die in Gartenstraße umbenannt wurde und sie ist wieder Kirche, eine Römisch - Katholische Kirche, die verwaltungsmäßig Tilsit dem heutigen Sowjetsk untersteht. Sie nennt sich bzw. ist gewidmet: “St. Johannes des Täufers”
Falls Sie die Kirche im Ort sehen wollen, es ist ganz einfach: Von Kreuzingen/Bolschakowo in Richtung Tilsit zw. Heinrichswalde/Slawsk befindet sich rechts eine Tankstelle. Auf der anderen Straßenseite, also links, geht es ab in den “Gartenweg” /frühere Neue Straße. Fragen Sie aber nicht nach der Neuen Straße, denn es gibt wieder eine Neue Straße – natürlich auf Russisch. Halten Sie Ausschau nach diesem Schild !
Dieses Gotteshaus zu betreten ist aber mit einigen Schwierigkeiten verbunden gewesen. Eigentlich kein Problem, denn es finden dort Gottesdienste statt. So besagt es ein Zettel wie Luthers Thesen an der Tür angeschlagen: Samstag 16.00 Uhr soll es sein. Wir, Barbara Dawideit und ich waren vergangenes und dieses Jahr mindestens fünf Mal pünktlich zum Gottesdienst erschienen. Aber es blieb verschlossen wie eine feste Burg. Was tun? Unsere Russischkenntnisse reichen mal gerade für das Nötigste und einen Plausch mit Händen und Füßen. Über die angegebene Telefonnummer und unsere Lidia aus Slawsk bekamen wir Kontakt mit Tilsit und schließlich einer Frau aus Bolschakowo, die für das Aufschließen verantwortlich ist. Dies Frau holten wir nun zuhause ab, sie lief mit Krücken, weil erst am Vortage nach einem Fußbruch der Gips entfernt worden war.
Wir waren gespannt, wie wohl die Kirche heut innen aussieht. Aber vergleichen Sie selbst. In Heft 65 auf Seite70 ist ein altes Foto abgebildet.
An der Wand der Kirche befand sich die Nutzensgeschichte nach Kriegsende. Danach wurde die Kirche zunächst als Lagerhalle genutzt. Später wurde die Kirche in ein landwirtschaftliches Haushaltsgeschäft umfunktioniert:
Ab 1991 wurde das Gebäude der Katholischen Kirche zur Nutzung übergeben und am 06.06.1993 war die feierliche Einweihung durch den Moskauer Erzbischof Tadeusz Kondrusiewicz.
Vorher und danach sind umfangreiche Wiederherstellungsarbeiten und Renovierung vorgenommen worden.
Nach Aussage unserer Begleiterin ist die finanzielle Unterstützung aus Deutschland zwischenzeitlich eingestellt worden. Vermutlich setzen sich jetzt die Litauer dafür ein.
Die Gemeinde in Bolschakowo und Umgebung besteht gegenwärtig nur noch aus 10 (zehn) Gläubigen.
Die Pfarrer kommen grundsätzlich aus dem nahen Litauen. Seit 1993 waren es insgesamt 17 Pfarrer.
Eine Frage stellten wir uns: Gab oder gibt es keine Aktivitäten der ELFK in Russland?
Wolfgang Nienke webmaster@kreis-elchniederung.de Heimatbrief Nr. 68
Nachfolgend einige Fotos aus den Vorbereitungs- und Arbeitsräumen sowie der Innengestaltung:
Weitere Recherchen haben ergeben, dass in unserem Heimatbriefen bereits 1998 und 1999 zwei kleine Artikel zur ELFK bzw. zur kleinen Kirche in Kreuzingen veröffentlicht wurden. Zur bisher geschilderten Entstehung der ELFK wird jedoch etwas widersprüchlich berichtet.
Die kleine Kreuzinger Gemeinde
Jeden zweiten Sonntag findet in der kleinen Kreuzinger Kirche, der ehemaligen Freikirche, ein Gottesdienst statt. Die Kirche diente zur Sowjetzeit als Lebensmittellager wurde 1992 der katholischen Kirche übergeben und wird seit zwei Jahren auch von der evangelischen Kirche genutzt. Da die Kirche nicht geheizt werden kann, versammelt sich die Gemeinde im Winter im Hause von Ursula. Der Pastor Osterwald kommt aus Gumbinnen. Da er nicht genügend russisch spricht, bringt er seinen Dolmetscher, einen Russlanddeutschen, mit.
HB Nr. 28 Dezember 1998 Seite 94
Die kleine Kreuzinger Kirche
In Kreuzingen, in der Neuen Straße, steht diese Kirche. Sie wird von der Katholischen Gemeinde genutzt und beherbergt auch die kleine evangelische Gruppe. Dieses Gotteshaus gehörte früher einer anderen Gemeinde.
Fälschlicherweise wird sie als „frühere Freikirche“, „Adventisten-Kirche“ oder gar „Babtisten_Kirche“ bezeichnet.
Richtig ist, dass diese den „Lutheranern“ gehörte.
Im 19. Jahrhundert vereinigte der Staat in mehreren deutschen Ländern die ev.-Lutherische Kirche mit der reformierten Kirche zu einen „unierten“ Kirche. Man sagte, diese Union hatte kein klares, gemeinsames Glaubensbekenntnis mehr. So bildeten sich „selbstständige ev.-lutherische Kirchen“, die keine Staatsverträge kannten, keine Kirchensteuern im Lohnabzugsverfahren erhoben, sondern von Beiträgen, Kollekten und Spenden ihrer Mitglieder lebten. 1972 schlossen sich die selbständigen Lutheraner zusammen zur „SELK“ = „ Selbständigen Evangelischen Lutherischen Kirche“. Ernst Wohn
HB 28 (29) Juni 1999 Seite 54/55